Unser Leben mit Motorrädern Bei der ersten Begegnung kann die Verliebtheit zuschlagen wie ein Blitz, wahre Liebe aber kommt mit der Zeit. Was wir mit unseren Motorrädern erleben, die uns eine ganze Saison lang begleiten
BMW S 1000 R
BMW: Besser mit Wunderlich
Der Erfolg der S 1000 R – immerhin seit 2014 ohne tiefgreifende Änderungen am Markt – spricht für ihre Qualität. Tatsächlich kann man ihr auf funktionaler Ebene wenig anlasten; bis auf die sehr sportliche Sitzposition und die unschönen Handhebel vielleicht
Keine Frage: Als Motorrad ist die BMW S 1000 R nur schwer zu schlagen. Viel zu meckern gibt es nicht bei ihr. Einzig die etwas schmucklosen Handhebel für Bremse und Kupplung trüben das Bild eines – in dieser Vollaustattung – immerhin 17.500 Euro teuren Motorrads.
Ein Anruf bei AC Schnitzer bringt Hilfe in Form gefräster Hebel, die beidseitig in der Griffweite einstellbar sind. Man erinnere sich: Der Kupplungshebel der S 1000 R ist nicht einstellbar. Die neuen Teile von AC indes bieten je Seite sechs Griffweiten und sind mittels eines austauschbaren Endstücks zusätzlich auch in der Gesamtlänge variabel.
Wer trotz des fast perfekten Quickshifters der BMW mit Kupplung schaltet, kann sie nun deutlich einfacher bedienen, gerade im Stadtverkehr ermüdet die linke Hand nicht mehr so schnell. Am Bremshebel gefällt die kleine Kante am Griff, an ihr findet der Finger viel Halt. Auch in Sachen Optik bringen die Hebel einen klaren Bonus. Einzig der recht happige Preis von 130 Euro pro Stück verschreckt beim Klicken durch den Shop. Wer die Investition wagt, gewinnt klar an Komfort.
Die gleiche Absicht steckt hinter dem dicken Paket, das uns Wunderlich für die S geschickt hat. Darin ein neues, schickes Sitzkissen für den Sozius (150 Euro), ein dazu passendes Polster für den Fahrer (300 Euro), eine Ergo-Version für den Fahrer (plus zwei Zentimeter Sitzhöhe für 350 Euro) sowie eine Lenkererhöhung (plus zwei Zentimeter für 80 Euro). Obacht: Zu den Preisen der Sitzbänke addieren sich zunächst 200 Euro Pfand, die Wunderlich bei Abgabe der Originalsitzbank zurückzahlt. Durch die originalen Grundplatten nämlich halten die Sinziger die Passform am Krad auf Serienniveau. In die Soziussitzbank muss dann das originale Schloss noch eingebaut werden – was aber mit fünf Schrauben gemacht ist.
Alle drei Sitzbänke sind mit einem mehrteilig genähten, schweißhemmenden Bezug mit Biesen aus Alcantara-Leder bespannt und mit schicken mehrfarbigen Ziernähten abgesetzt. Zusätzlich werden die Nähte verklebt und mit einer Heißluftnähmaschine gesetzt. So werden sie hundertprozentig wasserdicht. Die um zwei Zentimeter höhere Ergo-Version hat einen zweischichtigen Schaumstoffkern und soll besonders das Steißbein entlasten.
Probefahrt: Schon in der ersten Kurve fällt der enorm grippige Bezug auf. Da rutscht kein Hintern mehr. Leider hemmt er aber beim Hang-off-Fahren. Wesentlich besser geht das mit der erhöhten Version. Sie verändert die gesamte Sitzposition in Richtung „rückenschonend“. Das Becken kippt leicht nach vorn und der Rücken entspannt sich etwas (siehe großes Bild), was dem Körper mehr Bewegungsraum auf dem Krad gibt. Perfekt wird die Sitzposition dann, wenn die eintragungspflichtige Lenkererhöhung montiert ist. Dazu einfach die zwei Erhöhungsböcke unter den Lenker stecken und mit den beiliegenden Schrauben alles wieder festziehen. Et voilá: Die Arme entspannen sich, der Rücken wird gerade und der Nacken entlastet. Dem Fahrverhalten tut das auch gut, die S kann nun noch einfacher über den Lenker in den Radius dirigiert werden.
jek
Ducati Monster 797
Auf nostalgischen Pfaden
Sanfte Hügellandschaft, Weinberge, Wälder und eine herzhafte Bergrennstrecke mittendrin: Wer zwischen Mannheim und Stuttgart eine gerade Linie zieht, führt den Strich mitten durchs Kraichgau – und entlang Kuppers ehemaliger Hausstrecke
Von Mannheim gen Stuttgart quer durchs Kraichgau und retour: Lange Jahre war diese Strecke meine Haus- und Teststrecke. Als kürzlich mal wieder der Weg nach Stuttgart ansteht, fällt mir die Routenwahl nicht schwer. Nostalgie? Ein bisschen davon ist immer im Spiel. Auch bei Ducatis Monster 797 – und deshalb darf sie mit. Schließlich hängt ihr kein wasserverschlauchtes Hochleistungsaggregat im roten Gitterrohr, sondern ein milder 803-ccm-V-Twin mit 73 PS, nur zwei Ventilen pro Brennraum und Kühlrippen. Übrigens genau der Typ, der Bolognas erfolgreicher Hipster-Rutsche, der Scrambler, Beine macht – und auf den in den wassergekühlten Vierventiljahren vor der Roten Rolle rückwärts niemand mehr einen Cent verwettet hätte.
Unser gemeinsamer Start in den Frühling aber ist erst mal trübe. Und das liegt nicht am Wetter. Es ist frisch am Morgen und der Diablo Rosso II braucht Temperatur, um geschmeidig durch die heimischen Kreisverkehre zu rollen. Temperatur, die er erst mal nicht hat. Der sportliche Italiener ist in meinen Augen nicht die erste Wahl für Ducatis mildes Monster, unterm Metzeler/Pirell-Konzerndach gibt es da Geeigneteres.
Und dann ist da noch die Sache mit der Zugstufe am Federbein. Zusammen mit der Federvorspannung ist sie das Einzige, was an der 797 einzustellen ist. Ducati empfiehlt im Besitzerhandbuch, die Einstellschraube nur eine von drei möglichen Umdrehungen zu öffnen. Damit aber fährt sich das Ding wie auf Eiern. Nach jeder Kurvenkompression hängt die Duc im Heck und läuft dir dann vorn gern aus dem Ruder, kommen Asphaltlöcher dazu. Ist der Rosso aber warm und willig und die Zugstufe hinten komplett rausgenommen, fängt der Spaß an. Zwar kann mich der Pirelli auf der Monster auch in seinem bevorzugten Temperaturfenster nicht überzeugen – zu zäh sind die Lenkkräfte in Schräglage, zu diffus das Feedback vom Vorderrad. Die Duc aber lässt aufblitzen, was ihr von ihrer geometrischen Auslegung her in die Wiege gelegt ist: agiles Handling. Auf dem Buckelpistenaufstieg der alten Zaberfelder Bergrennstrecke hätte die Zugstufe hinten zwar wieder einen kleinen Aufschlag vertragen, da war der unterwegs bei einer Schrauberbutze ausgeliehene Schraubenzieher aber schon wieder weit weg.
Mit 73 Pferden ist dieses Fahrwerk sicher nicht überfordert. Würde ich als Besitzer aber trotz der stolzen 9.000 Euro Einstandspreis noch ein bisschen Geld in die Hand nehmen wollen, würde ich es am Chassis einsetzen.
guk
Triumph Speed Triple RS
Sehr gutes noch besser machen: Continental Road Attack 3
Die neue Speedy RS ist nur schwerlich zu kritisieren. Das aktuelle Update des Motors ist der Hammer, das Öhlins-Fahrwerk fast perfekt und die Bremsen sind ein Kracher. Einzig der Supersportreifen Supercorsa SP hinterlässt auf der Landstraße Fragezeichen
Für unsere Straßenrallye auf Korsika, von der wir in der nächsten Ausgabe erzählen werden, war die Wetterprognose – optimistisch ausgedrückt – durchwachsen. Mal Regen, mal Gewitter und somit Sand und Geröll auf den Straßen. Dazu Temperaturen zwischen 12 und 22 Grad: kein wohliges Habitat für den Serienreifen Pirelli Supercorsa SP, der die äußerst schönen Felgen der Triumph Speed Triple RS ziert. Kalt ist der Reifen nahezu unfahrbar, erst bei optimaler Temperatur bringt er nahezu unendlichen Grip und fühlt sich dann auch richtig gut an.
Doch für eine echte Straßenrallye braucht es immer Grip, egal bei welchem Straßenzustand. Viele Vorschusslorbeeren hat – auch von uns – Continentals Road Attack 3 bekommen. Und die konnte er auf den teils sehr rutschigen Straßen Korsikas mehr als bestätigen. Vom Fleck weg klebt der Reifen auf der Straße, erhöht die natürliche Handlichkeit der Speedy in Richtung Fahrrad und ist selbst von plötzlichen Temperaturstürzen und nassen Flecken auf der Straße nur mit fahrlässiger Gewalt aus der Ruhe zu bringen. Auch bei den abgesperrten Rennpassagen der Sonderprüfungen war er verlässlicher Partner auf der Zeitenjagd und ließ sich ohne Kippelei bis auf die Kante fahren. Auch nach 1 000 harten Kilometern Rallyeraserei zeigen die beiden Gummis kein Zeichen der Ermüdung.
Ein Satz in 120/70-17 und 190/55-17 kostet ungefähr 300 Euro plus Montage. Im Falle der Triumph Speed Triple RS ein sehr empfehlenswertes Tuning.
jek
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